Wieblingen

Kommentar aus dem Stadteilgespräch am 05.10 2021, Kommentar des Stadtteilvereins Wieblingen, Ingrid Herrwerth und Inge Winkler-Hansen:

Vorbemerkung

Insgesamt hat sich die Mobilitätsplanung aus Sicht von Wieblingen positiv entwickelt. Die Punkte, die sich auf Wieblingen besonders negativ ausgewirkt hätten, sind aus beiden Entwürfen fast komplett verschwunden. Interessant dabei ist, wie ähnlich die Mobilitätslösungen in beiden Entwürfen jetzt sind. Dass beide Büros nach so vielen Iterationen zu diesem Ergebnis kommen, lässt hoffen, dass effiziente Verkehrslösungen gefunden wurden, die zur Reduzierung von motorisiertem Individualverkehr und CO2-Emissionen beitragen, nicht nur auf dem Campus, sondern in Heidelberg und der Region insgesamt. Einen Straßenbahnring, wie in beiden Entwürfen vorgesehen, sehen wir als wirkungsvolle Maßnahme zur Erschließung des Campus und Reduzierung des MIV an. Dabei glauben wir, dass eine Trennung von MIV und Straßenbahntrasse, wie bei Höger vorgesehen, effektiver ist als eine gemeinsame Nutzung beider Verkehrsmittel auf einer verbreiterten Straße, um der Straßenbahn freie Fahrt zu garantieren.

Doch nun zu den Vor- und Nachteilen für Wieblingen im Detail:

+ Wir begrüßen, dass beide Entwürfe keine Brücke für MIV/ÖPNV vorsehen. Dies wäre eine Bedrohung des Naturschutzgebietes am Altneckar gewesen und hätte massive Auswirkungen auf die Wohnqualität in Wieblingen Süd. Hier müssten Verbindungsstraßen vom S-Bahnhof zur Brücke mitten durch das Wohngebiet gebaut werden. Die Abgase von täglich tausenden von Fahrzeugen würden die Luftqualität stark beeinträchtigen. Die wenigen verbleibenden Grünflächen in diesem Bereich, die auch zur Abkühlung des Wohngebietes beitragen, würden weiter reduziert.
- Das Büro Höger sieht am Bahnhof Pfaffengrund-Wieblingen einen multimodalen Mobilitäts-HUB vor, der etwa 123.000 m² Platz braucht. Pendler sollen hier in die neuen Schnellbusse einsteigen, die von Eppelheim bzw. von Walldorf kommen und dann über die Autobahn zum Campus fahren. Der Schnellbus von/nach Walldorf kann langfristig durch die Verlängerung der Straßenbahn ersetzt werden.
Von dieser Schnellbus-Trasse ab Pfaffengrund-Wieblingen versprechen wir uns keine große Effizienzsteigerung. Der Bus würde mit den Autos auf der Autobahn um den Platz konkurrieren. Ein optimierter Anschluss vom Heidelberger Bahnhof zu Bus/Bahn ins Neuenheimer Feld könnte hier besser helfen.
Die Öko-Bilanz dagegen wäre schlecht. Der Pendlerverkehr würde auf einen zielnahen Parkplatz gelockt, nur um die letzten 5 Kilometer mit dem Bus zurückzulegen. In Wieblingen würden Grünflächen versiegelt und wichtige Frischluftschneisen geschlossen. Das Stadtklimagutachten von 2015 empfiehlt ausdrücklich keine weitere Bebauung in diesem Gebiet.
- Auch eine schlanke Fahrrad-/Fußgängerbrücke durch das Naturschutzgebiet am Altneckar ist ein Verstoß gegen das Naturschutzgesetz und die europäische FFH-Verordnung. Nicht nur der Baukörper an sich und seine nächtliche Beleuchtung, sondern schon die Baumaßnahme sind nicht akzeptable Eingriffe in das schützenswerte Areal.
Die Auswirkungen auf den Verkehr sehen wir dagegen als gering an. Zitat aus der ASTOC-Broschüre: „Die Berechnungen mit dem Verkehrsmodell ergeben folgende modale Verlagerungen im Neuenheimer Feld durch eine Fuß- und Rad-Brücke: +400 zu Fuß gehende, knapp +1.000 Radfahrende, während den öffentlichen Verkehr -600 Personen weniger benutzen und der Pkw-Verkehr um knapp -400 Fahrten zurückgeht. Es lässt sich zwar ein kleiner verkehrlicher Nutzen mit Verlagerungen von etwa 400 Fahrten weg vom Pkw feststellen, jedoch ist dieser Effekt bei täglich insgesamt über 120.000 zurückgelegten Wegen im Neuenheimer Feld als sehr gering einzuschätzen.“
Die Investitionskosten von über 6,5 Millionen stehen dazu nicht im Verhältnis.
Zudem wird derzeit eine weitere Radbrücke an oder neben der A5 nach Dossenheim geprüft, so dass eine 3. Fahrradbrücke zwischen Bergheim/Wieblingen und dem nördlichen Neckarufer (Neuenheim/ Dossenheim) nicht nötig und auch nicht sinnvoll erscheint.
Schlussbemerkung:

Aus dem Verkehrsgutachten von IVAS geht hervor, dass bei der Berechnung des Regionalverkehrs quell-und zielnahe P+R-Parkplätze vorgesehen sind. Es war für uns schwer nachvollziehbar, inwieweit sich diese Berechnungen auf die Verkehrsplanung auswirken. Wir finden bei den Büros ASTOC und Höger fast keine Maßnahmen außerhalb von Heidelberg. Irritierend ist ein Zitat aus der RNZ vom Büro Höger: „Obwohl viele Nutzer des Neuenheimer Feldes aus dem Umland kommen, steht diese Betrachtung noch aus. Wir waren im Campus gefangen. Eine erweiterte Verkehrsbetrachtung war in dieser Prozessphase nicht vorgesehen.“Da viele Verkehrsprobleme durch Pendler verursacht werden, müssen dringend Maßnahmen in der Region ergriffen werden. Diese vermissen wir im Masterplan.
Falls im Zuge des Masterplanprozesses Verkehrsplanungen vorgesehen sind, die Auswirkungen auf Wieblingen haben, gehen wir davon aus, dass diese Pläne bei einer Öffentlichkeitsveranstaltung im Stadtteil vorgestellt werden (wie das 2020 im Bezirksbeirat beschlossen wurde.)